„Listiger Angriff von Geierfonds“ / so kann es Ländern ergehen, die ihre Anleiheschulden nicht bezahlen....
Argentinisches Marineschiff
bleibt in Ghana festgesetzt.
Ein Richter weist den
Einspruch der Regierung
zurück. Altgläubiger versuchen
Milliardenforderungen
einzutreiben.
mos. BUENOS AIRES, 11. Oktober. Argentinien
hat ein kniffliges Problem mit
aufrührigen Gläubigern. Das Segelschulschiff
der argentinischen Marine, „Libertad“,
bleibt auf Antrag eines amerikanischen
Hedgefonds in Ghana festgesetzt.
Die Fondsgesellschaft Elliot Capital Management
Fund, die aus dem argentinischen
Staatsbankrott aus dem Jahr 2002
offenstehende Forderungen von 280 Millionen
Dollar gegenüber Argentinien geltend
macht, hatte Anfang dieses Monats
bei einem ghanaischen Gericht die Beschlagnahmung
des argentinischen Gegenstücks
des deutschen Segelschulschiffs
Gorch Fock erreicht (F.A.Z. vom 5. Oktober).
Seit zehn Tagen sitzt nun der Stolz
der argentinischen Marine mit rund 200
Mann Besatzung im Hafen Tema nahe der
ghanaischen Hauptstadt Accra fest. Der
von dem amerikanischen Milliardär Paul
Singer geführte Fonds will auf diese Weise
die volle Bezahlung seiner Ansprüche
durchsetzen.
Nach der bisher größten Staatspleite
hatte Argentinien in mehreren Umschuldungsrunden
93 Prozent der Gläubiger
von rund 100 Milliarden Dollar Anleiheschulden
zu einem Verzicht auf bis zu 70
Prozent ihrer Forderungen bewegen können.
Zahlreiche Gläubiger, die diesen Verzicht
ablehnten, haben Argentinien vor internationalen
Gerichten indes auf volle
Zahlung verklagt und entsprechende,Urteile
erlangt. Allein vor amerikanischen
und britischen Gerichten sollen Gläubiger
Zahlungsbefehle über 1,6 Milliarden Dollar
gegen Argentinien erstritten haben.
Das argentinische Außenministerium
nannte die Pfändung des imposanten
Dreimasters einen „listigen Angriff der
Geierfonds spekulativer Finanzinvestoren“,
die Argentiniens notleidende Anleihen
zu einem Bruchteil des Nennwerts
aufgekauft hätten und nun „Wuchergewinne“
einfahren wollten. Die Beschlagnahmung
des Marineschiffes sei ein Verstoß
gegen die Wiener Konvention über diplomatische
Immunität. Doch der ghanaische
Richter Richard Adjei Frimpong
wies am Donnerstag einen Einspruch der
argentinischen Regierung zurück, nachdem
diese sich geweigert hatte, 20 Millionen
Dollar Kaution für die Freigabe des
Schiffes zu hinterlegen.
Probleme dieser Art sind für Argentinien
nicht neu. Auch in Deutschland lauern
hartnäckige Gläubiger. Vor Jahren
hatte der damalige Staatspräsident Néstor
Kirchner einen Besuch in Deutschland
abgesagt, weil er die Pfändung des
Regierungsflugzeugs Tango 01 fürchtete.
Als Gastland der Frankfurter Buchmesse
musste sich Argentinien im Jahr 2010
durch ein Privatunternehmen vertreten
lassen, um den deutschen Gerichtsvollziehern
zu entgehen.
FAZ Print Fr 12.10.2012
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen