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Dienstag, 17. Juli 2012

Argentinien verhebt sich an Ölkonzern YPF

17.07.2012
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Verstaatlichung


Argentinien verhebt sich an Ölkonzern YPF


Aus Buenos Aires berichtet Stefan Biskamp

Verstaatlichung: Argentinien verhebt sich an Ölkonzern YPF
Fotos
DPA

Rücktrittsdrohungen, offener Streit und akuter Geldmangel: Drei Monate nach der Verstaatlichung von YPF weiß Argentiniens Staatsführung um Präsidentin Cristina Kirchner nicht, wie sie ihren riesigen Ölschatz heben soll.

Buenos Aires - Miguel Galuccio (43) macht nicht den Eindruck, demnächst alles hinwerfen zu wollen. In diesen Tagen zieht der neue Chef des Mitte April verstaatlichten argentinischen Ölkonzerns YPF aus dem Hotel Sofitel in eine eigene Wohnung in Buenos Aires und holt seine Familie aus London nach; seine Tochter ist schon in der neuen Schule angemeldet. Der ehemalige Topmanager des Petro-Dienstleisters Schlumberger richtet sich auf längere Zeit in Argentinien ein.

Dabei ist die Position Galuccios ein Schleudersitz - mit der Regierung am Auslöser. Vor gut einem Monat versicherte Staatspräsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, Galuccio könne professionell arbeiten, "was nicht bedeutet, dass sich die Interessen von Unternehmen und Staat entkoppeln". Das klingt im Nachhinein fast wie eine Drohung.

Die offiziellen 100 Tage Schonfrist sind für den seit Mai amtierenden Vorstandsvorsitzenden längst nicht vorbei, doch schon jetzt murren Politiker über die schleppende Investorensuche. Galuccio soll schon mit Rücktritt gedroht haben, führende Mitarbeiter aus seinem Stab haben das Weite gesucht.

"Der ganze Prozess der Enteignung ist unvollständig", kritisiert der ehemalige Energiestaatssekretär Jorge Lapeña. "Es gibt keinen strategischen Plan, es ist ein Sprung ins Leere. Und wir müssen abwarten, was mit dem Management von Galuccio passiert, wenn Investitionen ausbleiben: Die Regierung hat kein Kaninchen mehr im Zylinder."

35 Milliarden Dollar Investitionen nötig

Galuccios Aufgabe ist ungefähr so schwer wie Blei in Gold zu verwandeln. Und dass er dabei tatsächlich auch aus Steinen schwarzes Gold - Öl - pressen muss, ist noch der leichte Teil seines Jobs. Denn er steckt in einer schier unauflöslichen Zwickmühle.

Auf der einen Seite braucht er dringend einen Großinvestor, damit YPF einen riesigen Ölschatz heben kann, der in Patagonien lagert, und mit dem Argentinien seine Energieprobleme auf lange Sicht lösen will - 2011 war Argentinien erstmals seit Jahrzehnten wieder Erdöl-Nettoimporteur, und zwar für satte drei Milliarden Dollar. Um den Trend zu drehen, muss YPF in den kommenden fünf Jahren 35 Milliarden Dollar investieren; für dieses Jahr sind 3,5 Milliarden Dollar avisiert. Denn Galuccio hat die Verdopplung der Bohrstellen und 10.000 neue Arbeitsplätze angekündigt.

Vor allem aber geht es um das Schieferölfeld "Vaca Muerta", zu Deutsch "Tote Kuh" im Süden des Landes. Experten des Erdölerkunders Ryder Scott errechneten in tiefen Gesteinsschichten unter einer Fläche von 8071 Quadratkilometern 22,807 Milliarden Barrel - jeweils 159 Liter - Erdöl. Es wäre eines der größten Schieferölfelder weltweit. Um es auszubeuten, muss das Öl aus Rissen im Schiefer gepresst werden, eine Technik, die sich aufgrund langfristig steigender Ölpreise zu lohnen beginnt.

http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/0,2828,844289,00.html

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