Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Samstag, 25. Januar 2014

Der tiefe Fall des argentinischen Peso

Schwindendes Vertrauen

Der tiefe Fall des argentinischen Peso

Wirtschafts- und Finanzportal 
Das Tanzen ist den Argentiniern angesichts der trüben Aussichten für ihr Land zurzeit gründlich vergangen.
Das Tanzen ist den Argentiniern angesichts der trüben Aussichten für ihr Land zurzeit gründlich vergangen.(Bild: Imago)
Der argentinische Peso hat am Donnerstag den schwersten Einbruch seit zwölf Jahren erlebt. Erst am Abend gab die Notenbank Gegensteuer. Das Vertrauen in die Wirtschaft und Währung des Landes schwindet.
Tjerk Brühwiller, São Paulo
Seit Monaten befindet sich der Peso im Sinkflug. Alleine in diesem Jahr hat die argentinische Währung gegenüber dem Dollar um fast 20% an Wert verloren. Am Donnerstag schliesslich kam der Schock: Rund 9% verlor der Peso. Bei Handelsschluss lag der Dollarkurs bei arg. P 7.75. Dies war der grösste Tagesverlust seit der Währungskrise 2002. Die argentinische Notenbank, welche in den letzten Jahren keine Gelegenheit ausgelassen hatte, um zu intervenieren, überraschte am Mittwoch und Donnerstag mit ihrem Nichteingreifen. Erst am Donnerstagabend setzte sie dem rasanten Kurszerfall mit dem Verkauf von 100 Mio. $ ein Ende.

Schwindendes Vertrauen

Der Kabinettschef sagte, der Markt habe gespielt, der Wertverlust sei eine Folge von Angebot und Nachfrage. Dass die Notenbank nicht einschritt, weist jedoch darauf hin, dass es sich um eine gewollte Kurskorrektur handelt. Eine solche hatte die Regierung von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner stets kategorisch abgelehnt. Nun holt die Regierung auf einen Schlag nach, was sie über die letzten Jahre versäumt hat, vermuten Analytiker. Mit Stützungskäufen hatte die Notenbank den Peso über Jahre auf einem zu hohen Niveau gehalten, das weit über dem Wert auf dem Schwarzmarkt liegt. Schon vor dem Eingriff am Donnerstag soll die Notenbank täglich 100 Mio. $ verbrannt haben, um den Kurs zu stützen. Die argentinischen Reserven sind dramatisch gesunken, von 52 Mrd. $ 2011 auf derzeit 29 Mrd. $.
Die Wirtschaftspolitik Kirchners, welche die Einnahmen aus dem boomenden Rohstoffgeschäft für steigende Staatsausgaben nutzte, hat sich ausgeleiert. Die Politik hat die Inflation nach oben getrieben. Die Regierung spricht von 10%. Doch jeder weiss, dass die offiziellen Zahlen massiv geschönt sind. Unabhängige Institute kommen auf eine Rate von mehr als 25%. Das Vertrauen in die argentinische Wirtschaft und in den Peso ist weg, das Geld fliesst rasant ab. Die Regierung reagiert mit immer weiteren Restriktionen für den Import und für Transaktionen in ausländischer Währung. Neustes Beispiel ist die Einschränkung des Online-Handels. Argentinier, die über das Internet international Waren bestellen, werden künftig mit eine Steuer von 50% ordentlich geschröpft. Zudem wurden die bürokratischen Hürden derart erhöht, dass der Online-Handel praktisch unterbunden wird. Saftig besteuert werden überdies auch Zahlungen mit der Kreditkarte im Ausland und Devisenkäufe, die zudem streng limitiert sind. Unter dem Eindruck des Kurszerfalls hat die Regierung am Freitag angekündigt, die Beschränkungen und die Besteuerung für den Kauf von Dollars ab Montag zu lockern.

Angst vor einer Finanzkrise

Die Folgen des schwächeren Peso dürften nicht lange auf sich warten lassen. Importprodukte werden sich verteuern. Da auch die Wohnungsmieten in Argentinien oft in Dollar festgelegt sind, werden auch die Wohnkosten vieler Argentinier steigen. Der Inflationsdruck nimmt zu und damit auch der Unmut in der Bevölkerung. Wer die Möglichkeit hat, flüchtet auch in Argentinien in eine starke Währung. Auf dem Schwarzmarkt kostete der Dollar, der vielen Argentiniern als Anlagewährung dient, am Donnerstag erstmals mehr als 13 P.
Angetrieben wurde der Kurszerfall des Peso zusätzlich durch schwache Wirtschaftsdaten aus China, die zum Abverkauf in verschiedenen Schwellenländern führten. Neben dem Peso verloren auch die Währungen zahlreicher anderer Schwellenländern an Wert – allerdings nirgends so dramatisch wie in Argentinien. Die Situation weckt Ängste vor einer Finanzkrise in der drittgrössten Volkswirtschaft Lateinamerikas, welche auch andere Länder der Region mitreissen könnte. Ein Vergleich mit 2002, als Argentinien in den Staatsbankrott schlitterte, dränge sich nicht auf, sagt der frühere Finanzminister Aldo Ferrer. Argentinien sei heute nicht mehr verschuldet.
http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschafts-und-finanzportal/tiefer-fall-des-argentinischen-peso-1.18228333

Keine Kommentare: