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Freitag, 30. August 2013

Das Land hat Gläubigern abermals angeboten, notleidende Anleihen aus der Zeit vor der Staatspleite von 2001 gegen neue Schuldtitel zu tauschen, wenn sie dafür auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Argentiniens Gläubiger schimpfen über neues Schuldenmanöver

    Von SHANE ROMIG
BUENOS AIRES--Im ewigen Streit um unbezahlte Staatsschulden hat Argentinien ein neues Manöver eingefädelt: Das Land hat Gläubigern abermals angeboten, notleidende Anleihen aus der Zeit vor der Staatspleite von 2001 gegen neue Schuldtitel zu tauschen, wenn sie dafür auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.
Reuters
Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner will einen Anleihetausch aus dem Jahr 2005 noch einmal öffnen.
Das mittlerweile dritte Tauschangebot ließ am Dienstag die Kurse argentinischer Staatsschulden erheblich abrutschen. Die Regierung bekräftige, sie wolle nur den Inhabern neuer Staatsanleihen Zinsen zahlen, während jene Gläubiger leer ausgehen sollen, die sich einem Schuldenschnitt bisher verweigert haben.
Die Maßnahme der Regierung Kirchner wird von Beobachtern als Versuch gewertet, das Urteil eines Berufungsgerichtes in New York zu umgehen. Die dortigen Richter hatten Argentinien am Freitag auch in zweiter Instanz dazu verdonnert, die rebellischen Gläubiger mit den anderen gleich zu stellen. Argentinien soll nun alle Gläubigerforderungen vollständig befriedigen. Das würde die Regierung teuer zu stehen kommen: Es geht um 1,33 Milliarden US-Dollar plus Zinsen, die bei Umsetzung der Gerichtsentscheidung fällig würden. Argentinien hat gegen den Beschluss beim Obersten Gerichtshof der USA Berufung eingelegt.

Anleger sollen Geld in Buenos Aires bekommen

Was für die Anleger noch schlimmer wiegt: Argentinien darf nach nach dem Urteil keinerlei Zinszahlungen an die Inhaber neuer Anleihen leisten, sofern nicht auch die rebellischen Gläubiger ihr Geld bekommen. Damit stehen die Inhaber neuer Anleihen nun unversehends vor einer schweren Wahl. Sie müssen akzeptieren, dass sie ihr Geld in Buenos Aires bekommen, und nicht wie vorgesehen in New York. Gehen sie darauf nicht ein, müssen sie fürchten, dass Argentinien auch bei ihnen die Zinszahlungen einstellt.
Der Markt reagierte auf die Nachricht umgehend: Der Preis, um argentinische Staatssanleihen im Wert von 10 Millionen Dollar für ein Jahr gegen Zahlungsausfall zu versichern, kletterten am Dienstag von 2,475 Millionen auf 2,804 Millionen Dollar, belegen Daten des Marktforschungsinstituts Markit.
Die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner kündigte an, auch den Anleihetausch von 2005 noch einmal zu eröffnen – zu gleichen Konditionen wie damals. In den Jahren 2005 und 2010 hatten Anleiheinhaber das Tauschangebot für etwa 93 Prozent der alten Titel angenommen. Dabei hatten sie auf etwa zwei Drittel des Nominalwertes der alten Anleihen verzichtet. Die restlichen 7 Prozent der Anleihen halten jene rebellischen Gläubiger, die in New York gegen die Ungleichbehandlung alter und neuer Anleiheinhaber geklagt und bisher Recht bekommen haben.
Das neue Tauschangebot stehe für Argentiniens „profunden Willen, die Schulden unserer Anleihegläubiger zurückzuzahlen", sagte Kirchner in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Es ist allerdings davon auszugeben, dass die Investoren nicht darauf eingehen und ihre Rechte weiter in nordamerikanischen Gerichtssälen einfordern werden.
„Das Letzte, was wir uns vorstellen können, ist ein Tausch von Bonds nach New Yorker Recht in Anleihen nach argentinischem Recht", sagt Jim Craige, Portfoliomanager bei Stone Harbor Investment Partners. Das Unternehmen hält eine „zu vernachlässigende" Menge notleidender argentinischer Anleihen, aber keine der neuen Swap-Bonds. „Ich bin nicht sicher, ob sie uns in Sojabohnen oder in Pesos bezahlen werden, aber sicher werden es nicht Dollar sein."
Inhaber neuer Anleihen müssen sich jetzt entscheiden, ob sie in New York einen Zahlungsausfall riskieren, oder ob sie ihre Titel in solche nach argentinischem Recht tauschen und künftig mit politischen Unwägbarkeiten und möglichweise harten Kapitalverkehrskontrollen zu tun bekommen.

Wer gibt eine Garantie, dass es nicht noch zu Peso-Anleihen kommt?

Noch können Bond-Anleger ihre Zinszahlungen in Buenos Aires ins Ausland repatriieren. Doch wer gebe eine Garantie, dass sich das nicht in den nächsten ein bis zwei Jahren ändere, sagt Ökonom Alberto Ramos von Goldman Sachs. Vielleicht würden die Bonds noch in Peso-Anleihen umgewandelt, oder die Anleger würden genötigt, ihr Geld in Argentinien zu lassen.
Ray Zucaro, Portfoliomanager und leitender Direktor bei SW Asset Management sieht das pragmatisch. „Mir ist es lieber, ich bekomme Dollars in Argentinien als gar keine Zahlung in New York", sagt Zucaro, dessen Firma 375 Millionen Dollar verwaltet und auch sogenannte GDP Warrants aus Argentinien hält. Zucaro wird das neuerliche Tauschangebot wohl annehmen.
Analysten sagen, es könnte sein, dass US-Gerichte die Verlagerung der Zinszahlungen blockieren werden, bis Argentinien die rebellischen Gläubiger unter Führung von Aurelius Capital Management und NML Capital Ltd ausgezahlt hat. Käme es zu einer solchen Entscheidung, dann würden sich möglicherweise auch Anleiheinhaber vor US-Gerichten wegen Missachtung von US-Recht verantworten müssen, die das Tauschangebot jetzt annehmen. Richter Thomas Griesa hat es allen Anleihegläubigern untersagt, Handlungen zu unternehmen, die seine Entscheidung untergraben könnten.
Letztlich riskiert aber Argentinien mit dem neuesten Tauschangebot, dass eine neue Gruppe von rebellischen Gläubigern entsteht, die dann in den USA gegen Argentinien vor Gericht ziehen könnte, damit ihre Forderungen erfüllt werden.
Kontakt zum Autor: redaktion@wallstreetjournal.de

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