Gesamtzahl der Seitenaufrufe
Dienstag, 30. April 2013
Geierfonds lehnen argentinisches Angebot ab Die Investment-Fonds, die in New York gegen den argentinischen Staat klagen, und dabei die volle Zahlung der u$s 1,3 Mrd. fordern, die das Kapital und die angelaufenen Zinsen ihrer argentinischen Bonds ausmachen, haben die argentinische Offerte abgelehnt, ihnen das Gleiche zu zahlen, wie denjenigen, die sich der zweiten Umschuldungsrunde im Jahr 2010 angeschlossen haben
Arg. Tageblatt vom 20.04.13 – Seiten 18+19
Geierfonds lehnen argentinisches Angebot ab
Die Investment-Fonds, die in New York
gegen den argentinischen Staat klagen, und
dabei die volle Zahlung der u$s 1,3 Mrd. fordern,
die das Kapital und die angelaufenen Zinsen ihrer
argentinischen Bonds ausmachen, haben die argentinische
Offerte abgelehnt, ihnen das Gleiche zu zahlen, wie
denjenigen, die sich der zweiten Umschuldungsrunde im
Jahr 2010 angeschlossen haben. Die Fonds behaupten, dass
sie dabei schliesslich etwa 15% des Betrages erhalten würden.
Denn die etwa 30%, die angeboten werden, werden
in langfristigen Staatspapieren mit niedriger Verzinsung
gezahlt, deren Marktwert sehr niedrig ist.
Die Berufungskammer muss somit jetzt entscheiden.
Die Anwälte der Fonds erwarten ein Urteil für Ende Mai
oder Anfang Juni.
Das Gericht kann jetzt kaum anders
urteilen, als den argentinischen Staat zur vollen Zahlung
zu verurteilen. Da es kein Konkursrecht für Staaten gibt,
können die Gläubiger, die sich den Umschuldungsangeboten
von 2005 und 2010 nicht angeschlossen haben,
nicht gezwungen werden, die gleichen Bedingungen anzunehmen.
Argentnien wird dann voraussichtlich Berufung einlegen.
Aber es bestehen Zweifel, ob der Oberste Gerichtshof
den Fall annimmt. In den USA ist die Möglichkeit der
Berufung vor der obersten gerichtlichen Instanz viel beschränkter
als in Argentinien. Es muss sich im Wesen um
Verfassungskonflikte oder juristische Grundsatzfragen
handeln. Und das ist bei der Klage, um die es hier geht,
nicht der Fall.
Wenn somit Argentinien zur vollen Zahlung verurteilt
wird, tritt das Urteil von Richter Thomas Griesa in Kraft,
gemäss dem der Betrag, den die argentinische Regierung
der Bank of New York überweist, damit sie den Inhabern
der neuen Bonds Zinsen und Amortisationsraten zahlt,
auch zur Zahlung an die Fonds bestimmt werden, die
diesen Prozess gewonnen haben. Somit erhalten sowohl
die Inhaber der umgeschuldeten Bonds, wie die der alten,
den gleichen Prozensatz auf den Betrag, den sie theoretisch
erhalten müssen. Das hat Griesa als “pari passu”
bezeichnet.
Es ist dabei auch möglich, dass der argentinische
Staat bei dieser Konstellation überhaupt nichts zahlt.
Der Umstand, dass die Inhaber der neuen Bonds dann
nur einen Teil des Betrages erhalten, der ihnen zusteht,
eventuell sogar gar nichts, wird als technischer Default
bezeichnet.
Das würde Argentinien total aus der internationalen
Finanzwelt ausschliessen, was für die Wirtschaft
schlimm wäre. Argentinien sollte sich um eine Rückkehr
zur Welt bemühen, doch die Regierung geht genau in die
entgegengesetzte Richtung. Offensichtlich hält CFK die
Abschottung von der Welt für richtig.
Die argentinische Regierung kann aber auch den Betrag,
den sie der Bank of New York überweist, erhöhen, sodass
die Inhaber der neuen Bonds voll ausgezahlt werden,
und die Geierfonds, die die Klage gewonnen haben, auch.
Wie immer die Regierung handelt, kann damit gerechnet
werden, dass die anderen Holdouts sich jetzt auch vor
Gericht melden, wobei der Prozess einfacher ist, weil die
US-Justiz schon die grundsätzliche Entscheidung getroffen
hat. Insgesamt halten die Holdouts, einschliesslich der
jetzt klagenden Geierfonds, an Kapital und angelaufenen
Zinsen, über u$s 11 Mrd.
Das gerichtliche Verfahren kann eventuell weitergehen.
Wenn der Oberste Gerichtshof die Berufung annimmt
oder die Ablehnung hinausschiebt, besteht eine neue Galgenfrist.
Am 31. Dezember 2014 läuft dann die Klausel ab,
die die argentinische Regierung zwingt, den Inhabern von
umgeschuldeten Staatspapieren die Differenz zu zahlen,
bis zum Betrag den die Holdouts schliesslich erhalten. Diese
Klausel heisst in den USA RUFO (Rights Upon Future
Offers). Das gibt der argentinischen Regierung die Möglichkeit, ab 1. Januar 2015 ein Angebot an die Holdouts zu machen, bei dem diese mehr als diejenigen erhalten, die
sich den Umschuldungsangeboten angeschlossen haben.
Es wird angenommen, dass sich die Fonds zufrieden geben,
wenn sie einen Teil der Differenz erhalten, also z.B.
u$s 20 oder u$s 40 pro Bond, so dass es dann insgesamt
um die u$s 50 bis u$s 70 wären.
Der lokale Anwalt Eugenio Bruno, einer der besten
Spezialisten in dieser Materie, weist darauf hin, dass schon
vorher ein Abkommen dieser Art erreicht werden kann.
Er bezieht sich auf die sogenannte “settlement-Klausel”,
die wirksam wird, sobald das Gesetz ausser Kraft gesetzt
wird, das eine neue Umschuldungsrunde verbietet. Bruno
meint, dann könne mit den Holdouts über eine Zusatzzahlung
verhandelt werden, die jedoch von den zuständigen
US-Richtern genehmigt werden muss. Denn dann ist es
nicht die argentinische Regierung, die beschliesst, den
Holdouts mehr zu zahlen, sondern ein US-Richter, dessen
Urteil die argentinische Regierung befolgen muss.
Die argentinische Regierung müsste schon jetzt aussergerichtliche
Verhandlungen mit den Holdouts, besonders
mit den aggressiven Geierfonds, einleiten, um zu einer
Kompromisslösung zu gelangen. Das müsste sehr diskret
geschehen, über die Anwälte der argentinischen Regierung
in New York und/oder andere Vermittler. Soweit bekannt
ist, ist dieser Weg nicht eingeleitet worden. CFK und ihre
Mannschaft denken offensichtlich nicht so weit. Sie sind
und bleiben stur.
Hier wäre es auch wichtig, dass die US-Regierung sich
über einen sogenannten “amicus curiae” über den Fall
äussert und dem Richter empfiehlt, zu einer Kompromisslösung
zu gelangen, die Argentinien die Überwindung des
Defaultzustandes erleichtert. Dazu sind gute Beziehungen
zur US-Regierung notwendig. Doch CFK bemüht sich
gewiss nicht in diesem Sinn, obwohl die US-Regierung
stets guten Willen zeigt, Argentinien zu helfen, den
Defaultzustand zu überwinden, und schon vor in einer
formellen Angelegenheit bei diesem Verfahren zu einem
„amicus curiae“ gegriffen hat. Allein, das Abkommen mit
Iran geht in die entgegengesetzte Richtung, und auch sonst
besteht keine freundschaftliche Haltung.
Die Holdouts machen leicht unter 7% der gesamten
argentinischen Staatsschuld aus, die bei der Umschuldung
von 2005 in Frage kam. Das schliesst Geierfonds ein, die
die Bonds auf dem Markt zu Schleuderpreisen gekauft
haben, aber auch andere, die sie bei der Ausgabe oder
danach, vor der Defaulterklärung von Ende 2001, erworben
haben. Nebenbei bemerkt: dass die Bonds sehr billig
gekauft wurden und bei voller Zahlung ein anormal hoher
Gewinn entsteht, ist ein ethisches aber kein juristisches
Argument.
Solange Argentinien dieses Problem nicht löst, befindet
sich das Land weiter im Defaultzustand, was ein formelles
Hindernis für die Aufnahme von Bankkrediten im
Ausland, aber faktisch auch für Auslandsinvestitionen
im allgemeinen darstellt. Ebenfals werden dann die Verfahren
zur Beschlagnahme von Vermögen des argentinischen
Staates im Ausland intensiver weitergehen, wobei
die Gefahr besteht, dass der Begriff der nicht pfändbaren
Güter (wie ZB-Reserven und diplomatische Güter) eingeschränkt
wird, was u.a. die Filialen der Banco Nación in
den USA betreffen könnte. Und wenn ein neuer Default
hinzukommt, auch wenn er als technisch (also nicht als
politische Entscheidung der argentinischen Regierung)
bezeichnet wird, ist der Fall noch schlimmer.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen