Verfahrensgang
Gründe
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- I. Die Klägerin betreibt ein Inkasso – Unternehmen, das sich mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen aus Staatsanleihen der Beklagten beschäftigt. Sie verlangt von der Beklagten Auszahlung der Nennbeträge und der Zinsen aus verschiedenen, in effektiven Stücken verbrieften Inhaberteilschuldverschreibungen und den hierzu ausgegebenen Zinsscheinen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie in dem Berichtigungsbeschluss vom 9. 8. 2007 verwiesen (Bl. 388 – 420b d. A.). Der Sachverhalt wird lediglich zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils wiederholt bzw. ergänzt:
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- Die Beklagte begab von 1995 bis 1999 mehrere Inhaberteilschuldverschreibungen, die zum Teil bereits endfällig geworden sind. Im Dezember 2001 rief die Beklagte den staatlichen Notstand aus und setzte ihren Schuldendienst für verbriefte Auslandsverbindlichkeiten aus. Die Klägerin schloss daraufhin mit Privatanlegern vorformulierte Beteiligungsverträge zur klageweisen Durchsetzung von deren Anleiheforderungen (Anlage B 2). Der Wortlaut dieser Verträge ist identisch mit den Vertragsbestimmungen, die von der Fa. X Ltd., verwendet worden sind und die in einem vorangegangenen Parallelverfahren vom Bundesgerichtshof auf ihre Vereinbarkeit mit dem Rechtsberatungsgesetz überprüft worden sind (BGH vom 25. November 2008 – XI ZR 413/07 = WM 2009, 259 = MDR 2009, 315 = BGH Report 2009, 380).
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- Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe Inhaberteilschuldverschreibungen der Beklagten sowie dazugehörige Zinsscheine im Gesamtwert von 14.263.655,70 € durch Beteiligungsverträge von ihren stillen Gesellschaftern erworben. Die bei Klageerhebung noch nicht endfälligen Inhaberteilschuldverschreibungen habe sie vorgerichtlich durch Schreiben vom 4. 10. 2005 gekündigt (Bl. 374 – 378 d. A.). Sie hat zunächst im Urkundenprozess Zahlung der Nennbeträge der Mantelbögen nebst der fälligen Coupons, später daraus auch Zinsen geltend gemacht. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Wertpapiere:
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- (Auflistung gemäß Klageschrift vom 14.11.2005)
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- (Hinweis: Die Originalentscheidung enthält eine Tabelle, die im Feld "Volltext" nicht dargestellt werden kann. Diesbezüglich wird auf die angehängte pdf-Datei verwiesen - die Red.)
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- Die Beklagte hat u. a. eingewandt, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil der Beteiligungsvertrag gegen das sog. Rechtsberatungsgesetz (im folgenden RBerG) verstoße. Die Klägerin betreibe nämlich ohne behördliche Erlaubnis Inkasso für ihre stillen Gesellschafter. Die Beklagte hat ferner die Einrede des Staatsnotstands erhoben und auf ihre Notstandsgesetzgebung verwiesen, die nach den Grundsätzen des deutschen Internationalen Privatrechts von den deutschen Gerichten zwingend zu beachten sei. Der Beklagten stehe aus § 138 BGB bzw. aus §§ 242, 313 BGB ein Recht zur Leistungsverweigerung zu. Die Klage sei wegen eines Verstoßes gegen das sog. IWF – Übereinkommen unzulässig.
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- Das Landgericht hat die Wertpapiere im Termin vom 5. 9. 2006 in Augenschein genommen. Im Termin vom 23. 2. 2007 hat die Klägerin vom Urkundenprozess Abstand genommen. Sie hat ferner eine Inkasso-Erlaubnis des Amtsgerichts Augsburg vom 27. 1./31. 1. 2007 vorgelegt, wonach sie u. a. berechtigt ist, im eigenen Namen vor Gericht treuhänderisch abgetretene Forderungen geltend zu machen (Bl. 315- 317 d. A.). Außerdem hat die Klägerin Vereinbarungen vom 13. 2. 2007 mit stillen Gesellschaftern vorgelegt, in denen auf die Beteiligungsverträge verwiesen und die dortigen Vertragspflichten bestätigt werden. (Sonderband – Anlagen zum Protokoll vom 23. 2. 2007).
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- Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der verbrieften Nennwerte und der Zinsen sowie zur Zahlung vertraglich zugesagter Verzugszinsen aus den Nennwerten der Inhaberschuldverschreibungen verurteilt. Die Klägerin sei anspruchsberechtigt. Sie habe die Wertpapiere in ihrem Besitz und gelte damit als Inhaberin. Es könne offen bleiben, auf welche Weise die Klägerin die Wertpapiere erhalten habe und ob der Beteiligungsvertrag gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße. Bei Schluss der mündlichen Verhandlung habe sich die Klägerin im Besitz einer behördlichen Erlaubnis zur Inkassozession befunden. Durch die Bestätigungsvereinbarungen habe sie darlegen können, dass ihre stillen Gesellschafter die Klage unterstützen. Die noch nicht endfälligen Inhaberschuldverschreibungen seien durch die Einschreiben an die jeweiligen Hauptzahlstellen wirksam gekündigt worden. Die Beklagte könne sich weder auf Staatsnotstand noch auf ihre Notstandsgesetzgebung berufen. Die Klägerin habe allerdings nicht nachgewiesen, dass sie den zuständigen Hauptzahlstellen angeboten habe, die Schuldurkunden auszuhändigen. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist deswegen abgewiesen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen und die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (Bl. 388 – 420 d. A.).
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- Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die Klägerin hat sich der Berufung angeschlossen.
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- Die Beklagte wirft dem Landgericht vor, zu Unrecht die Anspruchsberechtigung der Klägerin angenommen zu haben. Da der Beteiligungsvertrag gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, seien die in den Inhaberschuldverschreibungen verbrieften Forderungen nicht wirksam auf die Klägerin übertragen worden. Die Bestätigungsvereinbarungen hätten dies nicht geheilt, denn die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass nach Erteilung der behördlichen Erlaubnis eine nochmalige Übertragung der Wertpapiere bzw. eine Bestätigung des vormals nichtigen Beteiligungsvertrags erfolgt sei.
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- Die Klägerin sei nicht Inhaberin der Wertpapiere, sondern nur Besitzdienerin, da die Urkunden von den Privatgläubigern separat verwahrt und ihnen unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bzw. vor dem Senat zurückgegeben worden seien. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Im Übrigen wiederholt sie ihren Vortrag zur Maßgeblichkeit des Staatsnotstands, der Notstandsgesetzgebung und zur Unklagbarkeit der Ansprüche nach dem sog. IWF-Übereinkommen.
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- Die Beklagte beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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- Die Klägerin hat zunächst beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme der streitgegenständlichen Mantelbögen und Zinscoupons, aufgelistet in der Klageschrift, in Verzug befindet.
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- Auf Anregung des Senats hat die Klägerin ihren Antrag umgestellt.
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- Sie beantragt,
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die Berufung der Beklagte mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Zahlung der Beklagten gegen Aushändigung der jeweiligen Urkunden erfolgen soll. Auf den Hinweis des Senats vom 2. Februar 2009 (Bl. 552 d. A.) hat die Klägerin ihren Vortrag zur Aktivlegitimation konkretisiert. Auf den Schriftsatz vom 15. 4. 2009 (Bl. 568 f. d. A.) und die im Sonderheft dazu abgehefteten Erklärungen wird verwiesen.
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- Der Senat hat die Wertpapiere im Verhandlungstermin durch den Berichterstatter in Augenschein nehmen lassen. Sämtliche im Sonderheft zum Schriftsatz vom 15. 4. 2009 und in der Anlage OLG 4 (Bl. 583 – 584 d. A.) aufgeführten Inhaberschuldverschreibungen und Zinsscheine sind vorgelegt worden.
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- II. Das Rechtsmittel der Beklagten bleibt weitgehend ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht verurteilt, an die Klägerin Nennwert und Zinsen aus den auf Seiten 5 – 21 des Urteils aufgeführten endfälligen bzw. gekündigten Inhaberteilschuldverschreibungen und Zinsscheinen zu zahlen (§ 793 BGB i. V. mit den jeweiligen Anleihebedingungen). Lediglich im Bezug auf den Beginn des Zinslaufs sowie auf den Umfang und die Modalitäten der Aushändigung der Wertpapiere ist das angefochtene Urteil teilweise abgeändert worden (s. Ziffer 6.). Dazu im Einzelnen:
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- 1. Die Klage ist zulässig. Ihr stehen die Bestimmungen des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds (BGBl 1978 II, S. 34 f., im folgenden IWF – Übereinkommen) nicht entgegen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 13. 6. 2006 (8 U 107/03 = NJW 2006, 2931 = WM 2007, 929) im Einzelnen begründet, warum die streitgegenständlichen Anleiheforderungen keine den Beschränkungen des IWF-Übereinkommens unterworfenen Devisenkontraktgeschäfte sind. Hierauf kann verwiesen werden, denn die Beklagte wiederholt lediglich ihre ursprüngliche Argumentation, setzt sich mit den Erwägungen des Senats nicht auseinander und bringt auch keine neuen Gesichtspunkte vor, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
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- 2. Die Klägerin ist berechtigt, die Zahlungsforderung im eigenen Namen geltend zu machen. Sie hat die Urkunden in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Original vorgelegt. Die Teilschuldverschreibungen sind Inhaberpapiere im Sinne von § 793 BGB. Inhaberpapiere weisen den jeweiligen Inhaber der Urkunde als berechtigt aus, das verbriefte Recht geltend zu machen. Zu seinen Gunsten wird vermutet, dass er der materiell Berechtigte ist (vgl. Staudinger – Marburger, BGB, 2002, Rn 7 vor § 793 BGB).
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- Die Vermutung ist hier – anders als in dem vom Bundesgerichtshof bereits entschiedenen Parallelfall – nicht widerlegt. Zwar verstießen die zwischen der Klägerin und ihren stillen Gesellschaftern abgeschlossenen Beteiligungsverträge und die damit verbundenen treuhänderischen Übertragungen der Inhaberschuldverschreibungen auf die Klägerin gegen Art. 1 § 1 RBerG und waren deshalb nichtig (§ 134 BGB – vgl. BGH a. a. O. Rz. 16). Der Verstoß ist aber durch Novation geheilt worden.
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- Ein nichtiges Rechtsgeschäft kann wirksam werden, wenn es nach Wegfall des Nichtigkeitsgrunds von den Parteien durch erneutes Rechtsgeschäft bestätigt wird (§ 141 BGB). Der zu bestätigende Vertrag muss nicht in allen Einzelheiten wiederholt werden, es reicht aus, wenn sich die Vertragparteien in Kenntnis aller Umstände auf den Boden des früher Vereinbarten stellen und wenn die Erklärung eindeutig als Bestätigung des nichtigen Geschäfts aufzufassen ist (vgl. dazu Palandt-Ellenberger, BGB, 68. Aufl. 2009 Rn 6, 7 zu § 141 BGB m. w. N.). Das ist hier geschehen:
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- Im Gegensatz zur X Ltd. hat die Klägerin im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens die behördliche Erlaubnis zur Inkassozession erhalten. Ihr wurde vom Präsident des Amtsgerichts Augsburg u. a. gestattet, ab dem 31. 1. 2007 „treuhänderisch abgetretene Forderungen im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen“ (Bl. 317 d. A.). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Erlaubnis zurückgezogen worden wäre oder aus anderen Gründen derzeit keinen Bestand mehr haben könnte.
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- Die Klägerin hat Bestätigungsvereinbarungen vom 13. 2. 2007 mit ihren stillen Gesellschaftern vorgelegt, die sämtliche streitgegenständlichen Wertpapiere erfassen (Sonderband – Anlagen zum Protokoll vom 23. 2. 2007 sowie Sonderband – Anlagen zum Schriftsatz vom 15. 4. 2009). Die Vereinbarungen sind auch inhaltlich ausreichend, weil sie auf den ursprünglichen Beteiligungsvertrag verweisen und eindeutig den Willen der Vertragsparteien belegen, die in den Beteiligungsverträgen abgesprochenen Rechte und Pflichten zu bestätigen.
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- Zwar war es dem Senat zu Beginn des Berufungsverfahrens nicht möglich, aus dem im Sonderband des Landgerichts enthaltenen Anlagenkonvolut herauszulesen, ob für sämtliche der eingeklagten Inhaberschuldverschreibungen auch Bestätigungsvereinbarungen vorlagen. Die Lücken im Vortrag der Klägerin sind aber durch die mit Schriftsatz vom 15. 4. 2009 vorgelegten Ergänzungsvereinbarungen vom März/April 2009 ausgefüllt worden (Sonderband zum Schriftsatz vom 15. 4. 2009). Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich nicht um eine Klageänderung, sondern lediglich um eine Konkretisierung des bisherigen Vorbringens, denn es werden keine neuen Verträge vorgelegt, sondern lediglich die in den Bestätigungsvereinbarungen vom 13. 2. 2007 getroffenen Absprachen verdeutlicht und in Bezug zu den eingeklagten Inhaberschuldverschreibungen gesetzt. Dieser Vortrag ist zuzulassen, denn mit ihm wird ein Gesichtspunkt beleuchtet, den das Landgericht für unerheblich gehalten hatte (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, vgl. S. 28, erster Absatz LGU).
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- In den am 13. 2. 2007 bestätigten Beteiligungsverträgen haben sich die stillen Gesellschafter verpflichtet, der Klägerin die zur Einziehung erforderlichen Unterlagen auszuhändigen sowie die Wertpapiere treuhänderisch auf sie zu übertragen (§ 1 Abs. 2, 4. Teilabsatz des Beteiligungsvertrags – Anlage B 2). In der o. g. Vertragsbestimmung ist ferner festgelegt, dass der stille Gesellschafter spätestens zum Gerichtstermin sicherstellen muss, dass die Klägerin dem Gericht die notwendigen Dokumente zur Beweisaufnahme mit dem Ziel der Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs vorlegen kann.
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- Da die Klägerin im Verhandlungstermin vom 5. Mai 2009 sämtliche Wertpapiere im Original vorlegen konnte, ist der Senat davon überzeugt, dass die stillen Gesellschafter nach der Novation ihren Verpflichtungen aus den Beteiligungsverträgen nachgekommen sind und dass sie die Wertpapiere treuhänderisch auf die Klägerin zur Einziehung übertragen haben. Das ist von der behördlichen Inkassoerlaubnis gedeckt, so dass es nicht (mehr) darauf ankommt, ob eine Vollrechtsübertragung stattgefunden hat.
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- Es ist rechtlich unerheblich, dass der Klägervertreter die Wertpapiere dergestalt verwahrt hat, dass sie den einzelnen Gesellschaftern zugeordnet werden können. Auch die Ausführungen der Beklagten zur vermeintlichen Besitzdienerschaft der Klägerin sind aus den o. g. Gründen unerheblich. Sie gehen im Übrigen nicht über reine Vermutungen hinaus, so dass der Senat die entsprechenden Beweisangebote als unzulässige Beweisermittlungsanträge bewertet (vgl. Zöller – Greger, ZPO, 27. Aufl., Rn 5 vor § 284 ZPO).
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- 3. Die damals noch nicht endfälligen Inhaberschuldverschreibungen der Anleihen
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- Ziffer 4): 12 % - Anleihe, Laufzeit 1996/2016, WKN …Ziffer 7): 11,75 % - Anleihe, Laufzeit 1996/2011, WKN …Ziffer 8): 11,75 % - Anleihe, Laufzeit 1996/2026, WKN …Ziffer 9): 8 % - Anleihe, Laufzeit 1999/2008, WKN …Ziffer 11): 15 %/8 % - Anleihe, Laufzeit 1999/2008, WKN …
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- sind von der Klägerin bereits durch die vorgerichtlichen Schreiben wirksam gekündigt worden. Der Senat verweist auf die Erwägungen des Landgerichts (S. 24/25 LGU), denen er sich anschließt. Die Klägerin war damals zwar nicht berechtigt, die Kündigungen wirksam auszusprechen, weil sie wegen der Nichtigkeit der Beteiligungsverträge nicht anspruchsberechtigt war. Nachdem die Klägerin aber nachgewiesen hat, dass für sämtliche der eingeklagten Inhaberteilschuldverschreibungen Bestätigungsverträge vorliegen und weil in allen Verträgen vom 13.2.2007 die ursprünglichen Rechte der Klägerin bestätigt wurden, sind die Kündigungserklärungen der Klägerin wirksam geworden (§ 184 Abs. 1 BGB). In § 1 Abs. 2, 5. Teilabsatz des Beteiligungsvertrags hatten die stillen Gesellschafter der Klägerin nämlich schon das Recht eingeräumt, Inhaberteilschuldverschreibungen kündigen zu können, soweit dies für die Rechtsdurchsetzung erforderlich ist. Mit den Bestätigungsvereinbarungen sind die Kündigungen genehmigt worden.
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- 4. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Auszahlung der fälligen Nennbeträge und Zinsen unter Verweis auf den vermeintlichen Staatsnotstand und die argentinische Notstandsgesetzgebung zurückzuhalten. Das Bundesverfassungsgericht hat keine Regel des Völkerrechts auffinden können, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigen würde, die Erfüllung fälliger privatrechtlicher Zahlungsansprüche unter Berufung auf den wegen Zahlungsunfähigkeit erklärten Staatsnotstand zeitweise zu verweigern (2 BvM 1-5/03 = NJW 2007, 2610). Mit den anderen Argumenten der Beklagten, namentlich mit der Unbeachtlichkeit ihrer Notstandsgesetzgebung hat sich der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 13. 6. 2006 (Az. 8 U 107/03 = NJW 2006, 2931) und in den danach zu Parallelverfahren gegen die Beklagte ergangenen zahlreichen Urteilen und Beschlüssen beschäftigt und sie als unbegründet zurückgewiesen. Die Berufungsbegründung lässt keine neuen Gesichtspunkte erkennen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten.
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- 5. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Vorlegungsfrist für die im Jahr 2002 (und danach) fälligen Zinsen versäumt wäre. Die gesetzliche Vorlegungsfrist für Zinsscheine beträgt vier Jahre und begann mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Zinsansprüche fällig geworden sind (§ 801 Abs. 2 BGB). Es ist nicht ersichtlich, dass die Frist vertraglich verkürzt worden wäre. Im November 2005 hat die Klägerin die Zinsansprüche rechtshängig gemacht, was der Vorlegung gleichsteht (§ 801 Abs. 1, S. 3 BGB). Sie war zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht anspruchsberechtigt. Die gerichtliche Vorlegung der Wertpapiere ist allerdings durch die Novation von den bisherigen Anspruchsberechtigten, den stillen Gesellschaftern, genehmigt worden (§ 184 BGB). Hier gelten die oben zur Kündigung angestellten Überlegungen entsprechend. Vom Zeitpunkt der Vorlegung an verjähren die Ansprüche aus den Zinsscheinen in zwei Jahren (§ 801 Abs. 1 S. 2 BGB). Somit wäre die Verjährungsfrist frühestens Ende November 2007 abgelaufen. Bereits am 13. 2. 2007 ist die Klägerin anspruchsberechtigt geworden und hat durch ihren Klageantrag den Lauf der Verjährungsfrist erneut gehemmt.
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- 6. In den gerichtsbekannten Anleihebedingungen hat sich die Beklagte verpflichtet, vertragliche Verzugszinsen ab deren (End-)Fälligkeit bis zur Tilgung der Nennbeträge der Inhaberschuldverschreibungen auszuzahlen. Bei Einlösung der gekündigten Inhaberschuldverschreibungen muss der jeweilige Anspruchsteller der Beklagten sämtliche Zinscoupons bis zum Ende der vertraglichen Laufzeit aushändigen. Das ist bereits in früheren gegen die Beklagte ergangenen Entscheidungen des Senats ausführlich begründet worden. (Urteil vom 13. 1. 2009 – 8 U 155/08; Urteil vom 14. 11. 2008 – 8 U 107/08). Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Tenorierung bei Ansprüchen nach §§ 793 ff. BGB so gewählt werden muss, dass der Aussteller gegen Aushändigung der Wertpapiere zur Zahlung verurteilt wird (Beschluss vom 8. 7. 2008 – VII ZB 64/07 = NJW 2008, 3144, 4145). Dem ist die Klägerin durch ihren modifizierten Berufungsantrag nachgekommen.
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- Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.
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- Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und die Schuldnerschutzanordnung gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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- Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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- Der Streitwert bemisst sich nach der Summe der Nennwerte der eingeklagten Inhaberteilschuldverschreibungen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte ausgewählt und dokumentiert.
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